„Worum geht es beim Gendern?“ – Einblicke in das Thema bei Podiumsgespräch im cUcA

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„Worum geht es beim Gendern?“ – Einblicke in das Thema bei Podiumsgespräch im cUcA

„Worum geht es beim Gendern?“ Um diese Frage ging es am Abend Gedankenspiele des Evang.-Luth. Dekanats Rosenheim im cUcA am 9. Oktober 2024. Auf dem Podium sprachen Dr. Agnes Matrai, Geschäftsführerin vhs Wasserburg, germanistische Linguistik, Helga Gold, Direktorin a. D. Amtsgericht Rosenheim, Simon Hausstetter, erster Bürgermeister Rohrdorf, und Tayfun Samli, Mitgründer und Gruppenleiter bei W3. Die Moderation hatte Dekanin Dagmar Häfner-Becker. Zunächst wurde in der Runde diskutiert und sich anschließend mit dem Publikum ausgetauscht. Das cUcA unterstützte die Veranstaltung mit Häppchen und einer wunderbaren und gastfreundlichen Atmosphäre.

Dr. Agnes Matrai vertrat zu Beginn eine weite Begriffsdefinition. Gendern sei jede sprachliche Bemühung, unterschiedliche soziale Geschlechter zu berücksichtigen und dadurch sichtbar zu machen. Die Möglichkeiten reichen von statt „jede und jeder“ das Wort „alle“ zu verwenden bis zum Gebrauch von Sonderzeichen. Einigkeit bestand, dass die Verwendung von Sprache nicht vorgeschrieben werden darf. Denken und Sprache sind frei. Daran zu rütteln kann ein Schritt in die falsche Richtung sein. Denn Grenzen des Vorschreibbaren zu definieren ist schwierig.

In der öffentlichen Diskussion um das Gendern werden oft Themen vermischt. So ging es an dem Abend auch darum, diese Themen zu benennen und zu unterscheiden. So gibt der Rat für deutsche Rechtschreibung Empfehlungen heraus, indem er anhand vieler Texte analysiert, wie Schriftsprache verwendet wird. Es geht dabei um Regeln der Rechtschreibung, nicht um die Verwendung von Sprache, außerdem um Empfehlungen, nicht um Vorschriften. Dr. Agnes Matrai berichtete von einer Schulkinder-Studie (Vervecken, Dries/ Hannover, Bettina (2015): „Yes I Can!“ in Social Psychology 46 (2), 76 – 92)., in der sich zeigte, dass Kinder bei der Verwendung des generischen Maskulinums überwiegend verstanden, dass es sich um männliche Personen handelt.

Einig war man sich auch, dass sich unsere Gesellschaft verändert. Damit verändert sich notwendigerweise Sprache. Eine Sprache, die aktuelle Verhältnisse nicht beschreiben kann, stirbt. Als prominentes Beispiel nannte Simon Hausstetter Latein. In unserer Gesellschaft möchten viele Gruppen sichtbarer werden und besser wahrgenommen werden. Das drücken wir über Sprache aus.

Die Verwendung von Sprache ist zudem generationenabhängig. In der Runde wurde daher für Toleranz geworben. Beobachtet werden kann, dass die Verwendung und Wahrnehmung von Sprache durch kulturelle oder geschichtliche Erfahrungen geprägt ist. Veränderungen in der Sprache sind langsamer als die Entwicklungen in der Gesellschaft. Daher ist sie eine logische Konsequenz auf gesellschaftliche Prozesse.

Tayfun Samli betonte die Notwendigkeit einer guten Fehlerkultur. Fehler dürfen gemacht und benannt werden.

Nicht zuletzt geht es bei dem Thema auch um Macht und den Umgang mit Macht. Helga Gold wies auf die Würde des Menschen hin, die in Artikel 1 Grundgesetz verankert ist und allen gleichermaßen gilt. Jedem Menschen ist daher gleich respektvoll zu begegnen. Das sei eine wichtige Grundhaltung, die unabhängig von der Frage des Genderns gilt und in der Debatte auch leitend sein sollte.

Der Abend machte eines besonders deutlich: Es ist wichtig, Meinungen in offener Atmosphäre auszutauschen. Wir müssen auch nicht immer andere von unserer Meinung überzeugen. Es dürfen unterschiedliche Ansichten nebeneinander stehen bleiben.

 

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